1987 legte Luigi Snozzi den Plan für eine Neugestaltung des Regierungsviertels in Vaduz vor: Ein Landtagsgebäude sollte sich dem Regierungsgebäude beigesellen, hinterfangen von einer geschwungenen Häusermauer am Fusse des Schlossbergs. Aber das Stimmvolk lehnte den Entwurf 1993 ab.
Das neue Projekt für ein Landtagsgebäude basiert auf dem einst von Snozzi vorgeschlagenen Standort und setzt die Neugestaltung des Ortszentrums von Vaduz fort, die 2000 mit der Eröffnung des Kunstmuseums ein erstes bauliches Resultat fand. Zwischen Landesmuseum und Verweserhaus im Norden sowie Regierungsgebäude im Süden steht der Neubau als mächtiger Solitär, der den vorgelagerten, ebenfalls neu gestalteten Staatsplatz dominiert. Konzipiert ist das Landtagsgebäude als mächtiges orthogonales Volumen, das über einem offenen Erd- und Erschliessungsgeschoss schwebt. Gläserne Kuben scheinen den massiven Baukörper zu tragen, während raumhaltige Stützen in Form von Lift-, Treppen- und Sanitärkernen im Innern die Lasten übernehmen. Das Konzept erinnert an das Piloti-System der Moderne ebenso wie an den traditionellen Bautyp des Rathauses mit freiem Erdgeschoss. Die optische Transparenz des Erdgeschosses akzentuiert die Blickbeziehung zwischen dem Staatsplatz und dem bewaldeten Hang hinter dem Neubau.
Vom verglasten Eingangsbereich mit Garderobe und Hauswartsloge im Erdgeschoss gelangt man über eine grosszügige Treppe zum Landtagssaal im ersten Obergeschoss, der sich zum Platz hin orientiert und umgeben ist von einer Foyerzone im Norden und dem Bereich des Wandelgangs im Osten, von wo aus der Blick auf den Wald fällt. Über dem Landtagssaal befinden sich im zweiten Obergeschoss die Fraktions- und Sitzungsräume, zuoberst schliesslich Bibliothek und Büros.
Konstruktiv besteht das Gebäude aus einem in Ortbeton gegossenen Tragwerk, das mit Erschliessungskernen ausgesteift ist. Die Aussenhaut bildet eine zweite Betonschale, welche durch eine Sequenz von mit unterschiedlichen Sandzusätzen eingefärbten, geschosshohen Feldern geprägt ist. Die Felder lassen die einzelnen Betonieretappen erkennen, verweisen aber auch auf die dahinter befindlichen Raumeinheiten. Durch eine Sandstrahl-Behandlung in unterschiedlicher Intensität wird die Oberfläche weiter differenziert.
Text: Hubertus Adam